Ich habe heute Morgen beschlossen, mich offiziell fĂĽr den Posten „Oberste Aufsicht ĂĽber den Kaffeeautomaten“ zu bewerben. Nicht, weil ich Kaffee trinke. Sondern, weil hier sonst niemand ernsthaft begriffen hat, dass das Gerät unser eigenticher Chefarzt ist.
Jeder im Sanatorium spricht von Regeln, Protokollen, Sitzungen. Aber wehe, der Automat streikt. Dann siehst du sie alle laufen: Von den „Dektoren“ bis zu den „Patienten“. Plötzlich sind Hierarchien aufgehoben – und jeder hält eine Opfergabe in der Hand: 50-Cent-StĂĽcke, SChokolade, gelegentlich sogar ein Segen.
Ich habe letzte Nacht darüber nachgedacht, warum dieser Automat so mächtig ist. Antwort: Weil er entscheidet, wann er Milch aufschäumt und wann nicht. Keine Konstanz. Keine Berechenbarkeit. Purer Wille. Und genau das entscheidet ihn von uns.
Gestern zum Beispiel gab er mir statt Kaffee ein klägliches Zischen, gefolgt von einer braunen Brühe, die nach verbranntem Karamell schmeckte. Ich habe sie selbstverständlich getrunken. Nicht, weil ich Lust drauf hatte, sondern, weil ich das Gefühl hatte, dass er mich testet.
Im Ăśbrigen habe ich auch eine Hypothese: Der Automat ist mit dem Stromkreis der Neonröhren verbunden. Und wenn er „Nein“ sagt, flackert das Licht im Flur absichtlich, damit wir glauben, es sei ein Stromproblem. In Wahrheit ist es nur seine Art zu lachen.
Ich schreibe das alles auf, falls jemand nach mir hier reinkommt und denkt: „Ach, ist ja nur ein Kaffeeautomat.“
Nein.
Er ist die unsichtbare Direktion.
Und ich bin sein inoffizieller Prophet.
–Â Jorah
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