Nachtgedanken zwischen Tür und Kaffeeautomat

Ich mag die Nächte hier.

Nicht, weil sie ruhig wären – das sind sie nie. Es sind die Geräusche zwischen den Geräuschen, die mich wach halten. Das Surren der Automaten, das Flackern der Lampen, das Murmeln derer, die nicht schlafen wollen oder können. Ich könnte längst in meinem Zimmer liegen, aber irgendetwas hält mich hier fest – in diesem Flur aus halbverschlucktem Neonlicht.

Im Santorium sagen sie, jeder von uns habe seinen Grund zu bleiben. Ich sage, wir alle haben bloß vergessen, wie man geht. Ich bin kein Patient, sagen sie. Aber ehrlich? Ich bin mir da manchmal nicht so sicher. Ich schreibe Berichte, sortiere Formulare, helfe beim Reparieren der Kaffemaschine, wenn jemand den Schlitz für das Kleingeld mit Wachs verstopft hat – Ritualreste, sagen die einen. Trotzreaktionen, sagen die anderen. Ich sage: Kunst am Automaten.

Manchmal rede ich mit Jorah, wenn er gerade nicht zu tief in seinen eigenen Gedanken steckt. Er hat diese Art, die Welt zu betrachten, als würde er sie jedes Mal neu zusammenbauen. Ich beneide ihn darum, ein bisschen. Ich selbst habe aufgehört, alles verstehen zu wollen. Irgendwann lernt man, dass die Dinge auch ohne Begründung existieren dürfen.

Heute hat eine Patientin mich gefragt, ob ich glaube, dass hier wirklich Heilung passiert. Ich habe gelächelt und gesagt: „Kommt drauf an, was du unter Heilung verstehst.“
Sie hat das notiert. In ihr Notizbuch. In der Zeile unter „Was Marek wirklich meint“. Ich musste lachen. Vielleicht war’s ehrlich. Vielleicht nur müde.

Es ist spät. Der Kaffeeautomat gluckert wie ein alter Hund. Ich lehne an der Wand, höre den Wind draußen und denke: Vielleicht ist das hier kein Ort der Heilung. Vielleicht ist es einfach ein Ort, an dem man endlich aufhört, sich zu verstecken.
Und das ist, für meinen Geschmack, schon ziemlich nah dran.

Marek

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